Sozialdemokraten beraten über Wege aus der Wohnraum-Krise – Räte sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Der Schlüssel liege im Planungsrecht, erläutert Frieslands Landrat Sven Ambrosy.
Quelle: Anzeiger für Harlingerland vom 5.8.2017, Carsten Reimer

Die Überschrift liest sich auf den ersten Blick wie ein schlechter Scherz. Schließlich sind die Orte an der niedersächsischen Nordseeküste wirtschaftlich vom Tourismus abhängig. Aber genau darin besteht auch ein Problem. „Wir müssen aufpassen, dass sich der Tourismus nicht selbst frisst“, mahnt Frieslands Landrat Sven Ambrosy zu Beginn der vergangenen Woche während eines SPD-Gipfeltreffens, das die sozialdemokratische Bundestagskandidatin Siemtje Möller zu früher Stunde in Carolinensiel anberaumt hatte, um über den Wohnraummangel auf den Ostfriesischen Inseln und den Nordseebädern auf dem Festland zu diskutieren.

Dass Nordniedersachsen Hunderttausende Urlauber lockt, ist für die Verwaltungen Fluch und Segen zugleich. Für Investoren ist es ohnehin seit geraumer Zeit viel interessanter, Ferienwohnungen zu bauen als Dauerwohnraum für Einheimische zu schaffen. Das trifft die Orte sowohl finanziell als auch gesellschaftlich. „Wenn weniger Menschen dort dauerhaft wohnen, bedeutet das zum einen weniger Steuergeld, das den Kommunen zugute kommt“, sagt Möller, „zum anderen fehlt das Engagement in den Vereinen.“ Damit beschreibt die 33- Jährige ein Problem, dass Carolinensiels Ortsvorsteher Eike Cornelius nur zu gut kennt: 44 Prozent der Bewohner seien älter als 60 Jahre. Schon jetzt mache sich das unter anderem bei der Freiwilligen Feuerwehr bemerkbar, der es an nachwachsenden Mitglieden fehle.

„Aber“, erklärt Cornelius, „wir haben mit dem Wohngebiet ,Carolinenwinkel’ einen guten Anfang gemacht.“ Er sieht eine Möglichkeit der Wohnraum- Krise entgegenzutreten darin, Grundstücke gezielt für bauwillige junge Familien auszuweisen. „Die Räte haben den Schlüssel in der Hand“, betont Ambrosy, „der liegt im Planungsrecht.“ Über städtebauliche Verträge könne man die Entwicklung der Orte steuern. Und das sei auch nötig, findet Siemtje Möller. Auf den Inseln gebe es bereits jetzt etliche offenen Stellen, weil dort einfach kein bezahlbarer Wohnraum für die Beschäftigten zur Verfügung stehe. Das ist die Kehrseite des Tourismus.

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SPD-GIPFEL IN CARO

Siemtje Möller hatte Sven Ambrosy (Landrat Friesland), Egon Kunze (stv. Wittmunder Landrat), Jochen Beekhuis (Landtagskandidat) und Dennis Rohde (MdB) zum Gespräch gebeten. Die Steuern brauchen die Verwaltungen auch für die Infrastruktur. Obwohl im Landkreis Friesland nur gut 97 000 Menschen dauerhaft wohnen, müsse die Infrastruktur für 300 000 Menschen ausgelegt sein, rechnet Ambrosy vor – aufgrund des Tourismus.

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