Treffen mit dem Wirtschaftsminister.
Zu einem Informationsaustausch über den Breitbandausbau im Landkreis Wittmund trafen sich die SPD-Kreistagsmitglieder Heiko Willms und Heinz-Buss, SPD-Fraktionsvorsitzender, sowie der Kreisverbandsvorsitzende der Jusos, Kai-Uwe Lassowski, mit dem Niedersächsischen Wirtschaftsminister, Olaf Lies, im SPD-Bürgerbüro in Jever. In guter, harmonischer Atmosphäre fand ein konstruktiver Gedankenaustausch, an dem auch MdB Karin Evers-Meyer teilnahm, statt.

Im Gespräch ging es vorrangig um die technischen Möglichkeiten und die Finanzierung des von Bund und Land geförderten Ausbaus. „Im Grunde muss jetzt über den Zeitpunkt der Investitionen entschieden werden. Das Netz kann in einem, aber auch in zwei Schritten ausgebaut werden“, brachte Lies den Kern der anstehenden Debatten auf den Punkt. Entscheide man sich für einen Ausbau in zwei Schritten, würden zunächst die Abschnitte zwischen dem Hauptverteiler des Telekommunikationsunternehmens und den einzelnen Kabelverzweigern im Landkreis mit Glasfasertechnologie ausgestattet, so der Wirtschaftsminister weiter. Zu einem späteren Zeitpunkt würden auch die Strecken von den Kabelverzweigern zu den Endkunden mit entsprechender Technologie versehen. In der Übergangszeit könne man die bestehenden Kupferkabel weiternutzen: „Dank neuer Technologien wie dem Vectoring sind auch mit Kupferleitungen inzwischen Geschwindigkeiten weit jenseits der 50 Mbit/s realisierbar. Für die meisten Haushalte ist das im Moment noch vollkommen ausreichend – bei Unternehmen sieht es schon anders aus“, gab Lies zu bedenken. Aber auch auf Grund der steigenden Anforderungen der Privatkunden an das Netz sei die Notwendigkeit der zweiten Ausbaustufe nur eine Frage der Zeit. Durch die Fördermittel von Bund und Land müsse daher sorgfältig geprüft werden, ob nicht ein Ausbau in einem Schritt sinnvoll sei: „Niemand kann mit Genauigkeit sagen, wie schnell das Internet in 15 Jahren sein muss. Das macht die Entscheidung umso wichtiger – aber eben auch so schwierig. Es geht um viel Geld“, zeigte der Wirtschaftsminister Verständnis für beide Varianten. Geld, das trotz Förderungen zu großen Teilen die Landkreise in die Hand nehmen müssen. „In Niedersachsen gibt es da sehr unterschiedliche Ansätze. Es ist auch denkbar, weite Teile des Landkreises mit Glasfasertechnologie zu erschließen und Teilgebiete zunächst mit Kupferkabel und Vectoring weiter zu betreiben. Der Landkreis ist nicht auf eine Variante festgelegt“, erklärte Lies. Auch die Finanzierung werde von den Kreisen sehr unterschiedlich gelöst: „Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen dem Modell der Wirtschaftlichkeitslücke und dem Betreibermodell“, so Lies weiter. Beim Betreibermodell finanziere der Landkreis den Ausbau und verpachte das Netz anschließend an ein Telekommunikationsunternehmen: „Das Netz gehört in diesem Fall dem Landkreis und die zunächst hohen Kosten werden erst über einen längeren Zeitraum durch die Einnahmen aus der Verpachtung wieder ausgeglichen.“ Das Modell der Wirtschaftlichkeitslücke sehe hingegen vor, Ausbau und Netz in Hand des Unternehmens zu belassen. Der Landkreis bezuschusse dabei lediglich den Ausbau des Netzes: „Das hat den Vorteil, dass es für den Landkreis günstiger wird, da nur der Anteil gezahlt werden muss, der sich für das Unternehmen finanziell nicht mehr rechnet“, schilderte Lies auch die zweite Finanzierungsvariante. Diese komme jedoch ausschließlich für die erste Ausbaustufe in Frage, so Lies. Das Finanzierungsmodell der Wirtschaftlichkeitslücke werde deshalb vor allem dann in Betracht gezogen, wenn in zwei Schritten ausgebaut werden soll: „Bei einem Ausbau bis zu den Haushalten wäre der Finanzierungsanteil des Landkreises bei dieser Variante zu hoch, wenn man mit einberechnet, dass die Einnahmen aus der Verpachtung fehlen“, brachte der Wirtschaftsminister das Problem auf den Punkt.

Heinz Buss, SPD-Fraktionsvorsitzender im Wittmunder Kreisrat, will bei der Entscheidung die Empfehlung des Landkreises abwarten: „Der Landkreis hat eine entsprechende Prüfung in Auftrag gegeben und wird dem Kreistag im Laufe des Jahres einen Vorschlag unterbreiten.“ Auf Grundlage dieser Empfehlung werde man im Kreistag nach einer Lösung streben, die den Anforderungen des Landkreises auch in Zukunft gerecht werde, so Buss.

Der Nachbarlandkreis Friesland ist diesbezüglich bereits einen Schritt weiter: Mit dem Beschluss zur Gründung einer Infrastrukturgesellschaft wurde der Ausbau auf Grundlage des Betreibermodells in Friesland inzwischen eingeleitet. Für die Verzögerung in Wittmund machte Lies vor allem den Landkreis selbst verantwortlich: „Andere [Landkreise] haben einfach früher eine Prüfung in Auftrag gegeben und sind dementsprechend schon bei der Umsetzung.“

Die Jusos Wittmund hatten zuletzt vom Landkreis gefordert, beim Breitbandausbau vollständig auf Glasfaserkabel zu setzen und dabei das Betreibermodell vorzuziehen: „Das Betreibermodell gibt uns die Möglichkeit, auch die Gebiete anzuschließen, die für ein Unternehmen wirtschaftlich vielleicht nicht so interessant sind“, erklärte der Kreisverbandsvorsitzende der Jusos, Kai-Uwe Lassowski. Der ländliche Raum sei Teil dessen, was den Landkreis ausmache und dürfe bei solchen Entscheidungen nicht vernachlässigt werden, so der 27-Jährige. „Wer auf den technischen Wandel der vergangenen 15 Jahre zurückblickt, der muss heute mutige Entscheidungen für die Zukunft treffen, um sich als Region nicht abhängen zu lassen“, appellierte Lassowski an eine Ausnutzung der Fördermittel für einen vollständigen Glasfaser-Ausbau in einem Schritt.

Auch Lies forderte bei der Entscheidung vor allem Weitblick: „Wer nur nach dem jetzigen Bedarf geht, der wird sich in zehn bis 15 Jahren noch umschauen.“ Eine Garantie für flächendeckend schnelles Internet sei jedoch auch das Betreibermodell nicht: „Wir müssen akzeptieren, dass es immer Haushalte geben wird, bei denen eine Erschließung unverhältnismäßig viel Geld kosten würde. Hier müssen auch in Zukunft Funktechnologien herhalten“, so der Wirtschaftsminister abschließend.